Klavierkonzert der Reihe "Residenzkonzerte" im Rathaussaal in Vaduz.Koryphäen der klassischen Musik präsentieren ihre Preisträger.
Alter und Erfahrung haben definitiv etwas mit musikalischer Reife zu tun. Das wurde deutlich beim rezenten Residenzkonzert in Vaduz mit den Schülern von Milana Chernyavska. Der Jüngste Interpret war Jahrgang 2007, die älteste Interpretin Jahrgang 1998. Hinter diese Stipendiaten liegen demnach schon einige Wettbewerbe, Meisterkurse und Konzertauftritte - Erfahrungen, die ihre Spiel wesentlich prägten.
Sieben Pianisten teilten sich das Podium im Rathaus in Vaduz, allesamt exzellente Gestalter und echte Poeten am Klavier. So war man umgehend angetan von Hao Wei Lins fein ausbalancierter Bach/Busoni-Chaconne, die wie aus einem Guss daherkam, sich unaufgeregt organisch weiterentwickelte. Die Musik war ständig im Fluss, aber nie aufbrausend, trotz der virtuosen, spätromantischen Zutaten, die der inneren Kraft von Bachs Musik nichts an Wirkung raubten.
Eine ebenso starke Ausstrahlung hatte Ron Huangs Lektüre des Andante espressivo aus der dritten Brahms-Sonate. Das innere Leuchten, die träumerische Hingabe liessen kein schwülstiges Pathos aufkommen. „Der Abend dämmert, das Mondlich scheint/ Da sind zwei Herzen in Liebe vereint/ Und halten sich selig umfangen“ - diese Gedichtzeilen hat Brahms dem Satz vorangestellt. Ron Huang liess sie Klang werden.
Das Anfangsmotiv von Chopin dritter Sonate wird oft als wuchtige Ankündigung, als Manifest des eigenen Künstlertums gespielt. Simon Haje hielt sich diesbezüglich zurück, liess dafür das Klavier wunderschön singen und unterstrich somit den insgesamt lyrischen Charakter dieses Eingangssatzes. Auch er suchte - wie er und seine Kommilitonen es in den kurzen Interviews oft betonen - den Weg zum Herzen des Zuhörers, die Kommunikation auf musikalischer Ebene, was ihm mit beachtenswertem Gestaltungsvermögen gelungen ist.
Muzi Li nahm uns mit in die Musik des 20. Jahrhunderts - Fanfare von György Ligeti. Beeindruckend, wie sie das Perpetuum mobile formulierte, präzise wie eine Schweizer Uhr. Darüber liess sie rhythmisch ausgefeilte Motive entstehen, stringent und klar in Ton und Dynamik.
Das folkloristische Elemente war eine stete Grösse in Calvin Abdiels Interpretation von Bela Bartoks Klaviersonate - nie obsessiv, nie dominant, aber stets präsent. Die beiden Ecksätze hatten ein leicht improvisatorischen Charakter, waren voller Energie und Leben. Den Mittelsatz gestaltete Calvin Abdiel umso inniger, wobei er den harmonischen Schärfen ohne grosse Gestik eine kontrastierende, starke Ausstrahlung verlieh.
Can Sarac verdeutlichte in Skrjabins Etüde op. 8/12 sein feines Gespür für das rechte Mass zwischen spannungsvoller Expressivität und zur Schau gestellter exzentrischer Virtuosität. So gelang ihm eine geradezu sinnliche Lektüre der Partitur, angereichert mit wundervollen Klangfarben.
Zum Abschluss gab es dann noch einmal Frédéric Chopin - die Fantasie in f-Moll mit Vera Cecina. Auch sie ist eine sehr kluge, feinsinnige Gestalterin, die der Musik stets ausreichend Raum lässt, ihre volle Wirkung zu entfalten, was ihr auf imponierende Art und Weise gelang.
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