Violinkonzert der Reihe "Residenzkonzerte" im Rathaussaal in Vaduz.Koryphäen der klassischen Musik präsentieren ihre Preisträger.
Eine Partitur als Interpret dramaturgisch zu strukturieren, ist eine Sache. Den Notentext zum Klingen bringen, ihm Leben einzuhauchen und auch Ungeschriebenes hörbar zu machen, die andere. Wenn beides zusammenkommt, wird die Interpretation persönlich. Wieviel musikalische Persönlichkeit in jungen Künstlern steckt, konnte man beim rezenten Residenzkonzert mit Schülern von Ingolf Turban in Vaduz erleben. Ihre aufmerksame und kongeniale Partnerin am Klavier war Tomoko Sawallisch.
Ernest Blochs Nigun ist das Zeugnis einer schmerzhaften Zeit der Menschheitsgeschichte und des Komponisten selbst. Als 16jährige in diese Seelenwelt einzutauchen, ist nicht leicht. Nina Gringolts schaffte es mit Würde und Innigkeit, diese bewegende, wehmütige Musik wie einen inneren Schrei schwingen zu lassen, ohne mit grossem Gestus das Momentum der nach Frieden heischenden Seele zu überdrehen.
Nach einer rhapsodisch geprägten Einleitung, die als zarte Kantilene gestaltet war, ging Raphael Gisbertz den ersten Satz von Beethovens Kreutzer-Sonate mit viel Engagement und Dynamik an. Gerade das klar abgestufte Wechselspiel zwischen Sturm und Drang sowie klassischer Eleganz verlieh dieser Interpretation Substanz und Relief.
Robert Schumann gibt für den ersten Satz seines Violinkonzertes „im kräftigen, nicht zu schnellem Tempo“ an. Leonhard Baumgartner setzte überhaupt nicht auf Kraft, legte sich eher Zurückhaltung auf, spielte feinfühlig und offenbarte somit vor allem die fragile, die zwiegespaltene Seele des Werkes.
Ilva Eigus ihrerseits nahm sich das „agitato“ in Brahms’ dritter Sonate zu Herzen. Die Violinistin überzeugte mit ihrer zupackenden, leidenschaftlichen Art sowie dem intensiven Dialog mit Tomoko Sawallisch am Klavier, dem Brahms in dieser Sonate eine ebenbürtige Rolle zugeschrieben hat.
Kein Klavier sieht Bela Bartok in seiner Solosonate vor. Lucie Bartholomäi hatte nicht die geringste Mühe, den zusätzlichen Freiraum für eine ganz persönliche Gestaltung zu nutzen. Die sanft melancholische Melodia kleidete sie in einen nahezu schwebenden Klang, in eine schattenhafte Tönung, die ein feines Gespür für das Innenleben der Partitur bezeugte. Das von vielen grossen Interpreten gefürchtete, technisch anspruchsvolle Presto nahm Ilva Eigus nicht zu schnell, setzte weniger auf den Wirbelwind-Effekt sondern eher auf die dramaturgische Fortsetzung der Melodia.
Gegen Ende des Konzertprogramms kam der Schwenk zu wunderschönen Kantilenen. Zunächst war es Eva Lesage, die den Eingangssatz von Gabriel Faurés erster Sonate in einen ruhig bewegten Fluss setzte. Mit viel Sensibilität horchte sie der Poesie und den Klangfarben der Melodien nach.
Tareq Matar seinerseits entwickelte im Moderato nobile des Korngold-Konzertes einen wunderbaren, innigen Schmelz, der dem „nobile“ der Satzbezeichnung vollauf gerecht wurde. Die Anklänge an Filmmusiken deutete er an, liess sich jedoch nie auf rein kinematographische Klangmalerei ein.
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